Fliegende Windkraft – Energie aus den Höhenwinden

Fliegende Windkraft – Energie aus den Höhenwinden

Eine neue Dimension der Windenergie

Windräder gehören längst zum vertrauten Bild an Land und auf See. Doch die Nutzung von Höhenwinden eröffnet eine völlig neue Perspektive: Stromerzeugung dort, wo der Wind kräftiger und gleichmäßiger weht – mehrere Hundert Meter über dem Boden.


Das Konzept von SAWES

Das Unternehmen SAWES setzt auf einen mit Helium gefüllten Aerostat, der eine leichte Windturbine in die Höhe trägt. Der Ballon dient dabei nicht nur als Auftriebskörper, sondern auch als feste Verankerung. Über ein Kabel ist das System am Boden gesichert, gleichzeitig wird über dieses Kabel die erzeugte Energie nach unten geleitet.

Der große Vorteil: Aufwendige Türme entfallen, Material und Bauzeit werden reduziert. So lassen sich auch Regionen erschließen, in denen klassische Windkraftanlagen nicht realisierbar sind.


Technische Vorteile

Stärkere Winde: In höheren Schichten weht der Wind im Durchschnitt beständiger und kräftiger.
Flexibilität: Die Systeme sind vergleichsweise mobil und können bei Bedarf abgebaut oder versetzt werden.
Ressourcenschonung: Weniger Materialeinsatz im Vergleich zu einem massiven Turm.


Mitbewerber und andere Ansätze

SAWES ist nicht allein mit der Idee, die Höhenwinde nutzbar zu machen. Mehrere Unternehmen weltweit experimentieren mit ähnlichen oder alternativen Systemen:

Altaeros (USA): Setzt auf einen autonomen Helium-Aerostat mit ringförmiger Turbine.
Makani Power (ehemals Google X): Entwickelte flugzeugähnliche Drachen mit integrierten Rotoren. Das Projekt wurde inzwischen eingestellt, liefert aber wichtige technologische Erkenntnisse.
Kitepower (Niederlande): Nutzt flexible Drachen, die über Seile Generatoren am Boden antreiben.


Herausforderungen

So vielversprechend die Technologie klingt, es gibt offene Fragen:

Sicherheit im Luftraum: Fliegende Windkraftanlagen müssen mit Flugrouten und Drohnennutzung kompatibel sein.
Wetterfestigkeit: Stürme, Vereisung und Dauerbelastung stellen hohe Anforderungen.
Wirtschaftlichkeit: Nur wenn Betrieb und Wartung langfristig zuverlässig und kosteneffizient funktionieren, kann sich die Technologie durchsetzen.
Regulierung: Flugrechte, Sicherheitszonen und Integration ins Stromnetz müssen geklärt werden.


Ausblick

Ob sich Aerostate, Drachen oder andere Konzepte am Ende durchsetzen, ist noch offen. Klar ist jedoch: Fliegende Windkraftwerke könnten die bestehenden Systeme ergänzen und Regionen erschließen, die für konventionelle Windparks ungeeignet sind. Damit rückt die Vision einer flexibleren, globalen Energiewende ein Stück näher.

Singen macht glücklich

Singen macht glücklich

Dieses Wochenende ist unser alljährlich stattfindendes Chorwochenende als einer der wichtigen Höhepunkte intensiven Singens, Zusammenhörens, Hineinspürens und Zusammenwachsens. Denn: Singen macht glücklich – es kann aber noch viel mehr!

Wir wollen euch die 6 schönsten Effekte des Singens zusammenfassen:

 

🎶 Singen stärkt den Kreislauf

Durch die verstärkte Bauchatmung werden auch die unteren Teile der Lunge – die Lungenbläschen – belüftet. Dadurch wird die Sauerstoffsättigung erhöht und der Kreislauf angekurbelt.

 

🎶 Singen stärkt das Herz

Wenn wir ausatmen, bewegt sich das Zwerchfell nach oben wodurch ein Sog entsteht, der dem Herzen hilft, Blut aus dem oberen Teil den Körpers nach unten zu pumpen.

 

🎶 Singen stärkt das Immunsystem

Eine Studie des Instituts für Musikpädagogik der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main belegt, dass auch unsere Abwehrkräfte beim Singen unterstützt werden.

Der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Gunter Kreutz untersuchte zusammen mit Psychologen und Medizinern Speichelproben von Chormitgliedern direkt nach der Probe und stellte fest, dass bei der Anzahl der Immunglobuline A (IgA) ein starker Anstieg zu verzeichnen war.

Immunglobuline A sind Eiweiße, die zum Immunsystem des Körpers gehören, da sie an den Schleimhäuten einen Schutz gegen Krankheitserreger bilden.

Hörten die Chormitglieder dagegen die Musik nur von Band hörten, blieb die Anzahl der Antikörper unverändert.

🎶 Singen macht einfach glücklich – vor allem in der Gruppe

Endorphin, Serotonin, Dopamin und Adrenalin bilden zusammen einen Cocktail, der uns in die höchsten Höhen des Glücksempfindens katapultiert. Zeitgleich werden Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin abgebaut.

Nach etwa 30 Minuten produziert unser Gehirn Oxytocin, das erklärt, was ich in über 20-jähriger Chorerfahrung schon so oft erlebt habe – es entsteht eine unerklärlich tiefe Bindung zu Mitsängern einfach durch das Zusammen-Klingen, denn das sogenannte Kuschelhormon oder Bindungshormon wird auch bei der Geburt eines Kindes, beim Stillen oder beim Sex ausgeschüttet.

Das ist der Grund, warum Singen im Chor auch eine noch stärkere Wirkung auf unser Gemüt als das Singen alleine.

Zusätzlich wird beim Singen die Zirbeldrüse stimuliert und Melatonin ausgeschüttet. Melatonin bewirkt besseren Schlaf, Krebsprophylaxe und hat einen tumorhemmenden Effekt.

 

🎶 Singen wirkt nachgewiesenermaßen lebensverlängernd

Es ist offenbar wirklich so: Menschen, die singen, leben länger.

Das wurde bereits in den 90er-Jahren bewiesen. Sie untersuchten rund 12 000 Menschen aller Altersgruppen und stellten tatsächlich fest, dass speziell Mitglieder von Chören und Gesangsgruppen (es kristallisiert sich eine heilsame Wirkung des gemeinschaftlichen Singens heraus) eine signifikant höhere Lebenserwartung haben als Menschen, die nicht singen.

 

🎶 Singen schützt vor Demenz, Angststörungen und Depressionen

Ein allgemeines Wohlgefühl kann sich beim Singen einstellen – dafür gibt es auch immer mehr Beweise und Studien. Dass uns das Chorsingen auch vor Demenz bewahren kann, ist absolut großartig!

Das Erlernen neuer Lieder ist kognitiv anregend und erfordert die Beanspruchung des Gedächtnisses. Das Aufeinander-Hören fördert die soziale wie auch geistige Flexibilität.

 

pro.earth-Fazit:

Nicht nur, weil wir selbst eingefleischte Chorfans sind, sondern auch wegen der sichtlich großen gesundheitsfördernden Wirkung des Singens, empfehlen wir allen Leser*innen, diese großartige Bereicherung der Freizeitgestaltung doch einmal auszuprobieren.

 

Junkfood für die Jausenbox: foodwatch entlarvt ungesunde Schulstart-Werbung der Supermärkte

Junkfood für die Jausenbox: foodwatch entlarvt ungesunde Schulstart-Werbung der Supermärkte

Von 116 Produkten im Flugblatt-Check sind nur 14 für Kinder geeignet! Dieses Kindermarketing geht auf Kosten der Gesundheit unserer nächsten Generation. Foodwatch Österreich fordert darüber hinaus angesichts der Teuerung, die zum Teil durch Shrinkflation, also der Verkleinerung der abgepackten Ware zum selben Preis, versteckt wird, eine Umsatzsteuer-Befreiung auf Obst und Gemüse.

Pünktlich zum Schulstart locken Österreichs Supermärkte mit bunten Flugblättern und Sonderaktionen für die Jausenbox. Doch was als perfekte Jause für die Pause beworben wird, entpuppt sich im foodwatch-Check als Junkfood-Offensive: Von 116 untersuchten Produkten sind lediglich 14 laut den Empfehlungen der nationalen Ernährungskommission für die Bewerbung an Kinder geeignet. 102 Produkte – also fast 90 Prozent – fallen durch: zu süß, zu fettig, zu salzig.

„Die großen Supermarktketten betreiben rücksichtsloses Kindermarketing – und das auf Kosten der Gesundheit unserer Kinder. Während schon heute jeder dritte Bub und jedes vierte Mädchen in Österreich übergewichtig ist, machen Hofer, Billa, Lidl und Penny die Jausenbox zur Zucker-, Fett- und Salzfalle.“

Miriam Maurer, Campaignerin bei foodwatch Österreich

 

Flugblatt-Bilanz der großen Ketten

Hofer: 25 von 25 beworbenen Jausen-Produkten ungesund – kein einziges für Kinder geeignet.
Lidl: Nur 4 von 38 Produkten bestehen den Check, 34 sind Junkfood.
Billa und Billa Plus: 7 von 38 Produkte akzeptabel, über 80 Prozent fallen durch.
Penny: Nur jedes fünfte Produkt vertretbar, der Rest gehört in die Junkfood-Kategorie.

Empfehlungen der Ernährungskommission werden einfach ignoriert

Seit 2021 gibt es klare Empfehlungen der nationalen Ernährungskommission, welche Produkte an Kinder beworben werden dürfen. Doch weil diese Vorgaben freiwillig sind, bleiben sie wirkungslos. Die Supermärkte setzen stattdessen auf Schokoriegel, süße Limonaden und fettige Wurstsnacks – statt Obst, Gemüse und Vollkornprodukte.

foodwatch fordert per Petition vom Lebensmitteleinzelhandel: Schluss mit Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel! Und zwar nicht nur im Flugblatt, sondern auch auf Produktverpackungen und im Supermarkt.

 

foodwatch fordert: Obst und Gemüse steuerfrei, Shrinkflation endlich klar kennzeichnen

Die Teuerung frisst sich weiter durch die Supermarktregale, Finanzminister Markus Marterbauer denkt öffentlich über Preiseingriffe nach – bleibt dabei aber vage. Die Konsument:innenschutz-Organisation foodwatch begrüßt das Problembewusstsein, fordert jedoch endlich konkrete Maßnahmen: „Man muss nicht lange suchen – wir hätten hier längst wirksame Hebel, um gegenzusteuern“, sagt Indra Kley-Schöneich, Geschäftsführerin von foodwatch Österreich. „Eine Umsatzsteuer-Befreiung auf Obst und Gemüse wäre ein sofort umsetzbarer Schritt, der die Inflation senkt und gleichzeitig unsere Gesundheitskosten verringert, und somit auch das Budget entlastet. Und: Der Handel hat längst signalisiert, dass er mitziehen würde!“

Obst und Gemüse steuerfrei

Österreich hinkt im Kampf gegen die Teuerung hinterher. Während andere Länder die Umsatzsteuer auf Grundnahrungsmittel bereits gestrichen oder stark reduziert haben, ist hierzulande noch nicht einmal eine Debatte darüber in Gang gekommen, so foodwatch in einer Aussendung.

„Eine gesunde Ernährung darf nicht vom Kontostand abhängen“, so Kley-Schöneich. „Während 1,1 Millionen Menschen in Österreich von Ernährungsarmut betroffen sind, bleiben gleichzeitig dringend notwendige Reformen in der Schublade liegen. Ein steuerfreier Apfel ist nicht nur gesund – er ist auch sozial gerecht.“ Anders als beim staatlich verordneten Einfrieren von Preisen überwiegen bei der Umsatzsteuerbefreiung von Obst und Gemüse die positiven Nebenwirkungen – ein Mehr an Gesundheit und damit ein Weniger an Gesundheitsausgaben des Staates.

 

WWF alarmiert: Regenwald in zehnfacher Fläche Österreichs bereits zerstört

WWF alarmiert: Regenwald in zehnfacher Fläche Österreichs bereits zerstört

Anlässlich des heutigen Welt-Amazonas-Tages macht die Umweltschutzorganisation WWF (World Wide Fund for Nature) auf den dringend notwendigen Schutz des Amazonas-Regenwaldes aufmerksam. Denn die Zerstörung dieses artenreichen Lebensraums schreitet dramatisch voran. Eine Studie eines internationales Forscherteams unter Beteiligung des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), veröffentlicht im Fachmagazin „Nature“, besagt, dass sich der brasilianische Regenwald bis 2050 in eine Savanne verwandeln könnte.  

Deutlich sichtbar sind die Auswirkungen der Zerstörung bei einer Schlüsselart: Der Jaguar hat bereits die Hälfte seines Lebensraums verloren. Weltweit gibt es nur noch 33 Jaguar-Populationen. 90 Prozent davon leben im Amazonas-Becken. „Jaguare sind ein Gradmesser für den Zustand ihres Lebensraums, denn sie stehen an der Spitze der Nahrungskette. Geht es dem Jaguar gut, geht es dem Regenwald gut – leider ist das Gegenteil der Fall”, sagt Hein vom WWF.

„In den vergangenen 50 Jahren wurde eine Fläche an Regenwald zerstört, die rund der zehnfachen Größe Österreichs entspricht – mit fatalen Folgen für die Artenvielfalt”

WWF-Artenschutz-Experte Axel Hein

Die lebenswichtigen Funktionen unserer Regenwälder

Regenwälder erfüllen unverzichtbare Funktionen für unser Leben auf der Erde. Sie beherbergen mehr als die Hälfte aller Pflanzen- und Tierarten der Welt. Sie sind unverzichtbar für das globale Klima, da sie große Mengen Kohlendioxid binden und so zur Regulierung des Weltklimas beitragen. Zudem sind sie die Heimat zahlreicher indigener Völker, deren Lebensweise untrennbar mit den Wäldern verbunden ist.

So beherbergt der Amazonas laut der Studie rund 10 % der weltweiten Biodiversität, speichert eine Kohlenstoffmenge, die 15-20 Jahren globaler CO2-Emissionen entspricht, und trägt durch seinen Netto-Kühleffekt (durch Verdunstung) zur Stabilisierung des Erdklimas bei.

Der Amazonas ist für bis zu 50 % der Niederschläge in der Region verantwortlich und spielt für die Feuchtigkeitsversorgung in ganz Südamerika eine entscheidende Bedeutung. Er ermöglicht das Gedeihen anderer Ökosysteme und wirtschaftlicher Aktivitäten in Regionen, die ansonsten eher trocken wären, wie z. B. das Pantanal-Feuchtgebiet und das La-Plata-Flussbecken.

Während im Amazonas die Abholzung im letzten Jahr zurückging, verschieben sich die Grenzen des Waldverlustes: Den bemerkenswerten Rückgängen in Brasilien und Kolumbien steht ein starker Anstieg des Waldverlustes in Bolivien, Laos und Nicaragua gegenüber, während in anderen Ländern ein geringerer Anstieg zu verzeichnen ist, so die Organisation Global Forest Watch.

“Wir riskieren, unsere wertvollen Schatzkammern der Artenvielfalt für immer zu verlieren. Wir müssen jetzt alles tun, um das Erreichen gefährlicher Kipp-Punkte zu verhindern, bevor es zu spät ist”

Georg Scattolin, WWF-Regenwaldexperte

 

Schutz des Lebensraums

Um diese Entwicklung aufzuhalten, setzt sich der WWF zum Schutz der Großkatzen und ihres Lebensraums ein – so auch im peruanischen Amazonas-Gebiet, wo allein in den vergangenen fünf Jahren 150.000 Hektar an Waldfläche zerstört wurden – eine Fläche etwa viermal so groß wie Wien. Schuld daran ist vor allem die Abholzung zur Gewinnung landwirtschaftlicher Flächen sowie für Siedlungen und illegalen Bergbau. Auch die Wilderei und Konflikte mit Menschen sind eine ständige Gefahr für die Großkatzen. „Wir arbeiten an mehreren Fronten, um die Jaguare zu schützen. Klar ist: Nur wenn es uns gelingt, ihren Lebensraum zu erhalten, haben sie eine Chance”, sagt Axel Hein vom WWF.

 

Umso erfreulicher ist daher die jüngste Entwicklung: Ende August wurde die Errichtung des Schutzgebiets Monte Carmelo in Bolivien offiziell bekannt gegeben. Es soll 87.173 Hektar Wald, Wasserquellen und wichtigen Lebensraum für den Jaguar in der Region Pantanal-Chaco (PACHA) schützen. „Das ist ein historischer Schritt, der eine wichtige Lücke im regionalen Naturschutz schließt. Er verbindet zwei große Schutzgebiete und indigene Territorien in Bolivien, Brasilien und Paraguay mit einer Fläche eineinhalbmal so groß wie Österreich. Damit bildet dieses Gebiet den größten Naturschutzblock in Südamerika”, sagt Axel Hein vom WWF.

Rosa Flussdelfine unter Hitzestress
Der Amazonas beheimatet auch die seltensten Säugetiere der Welt: Flussdelfine. Auch sie leiden unter der Zerstörung, Verbauung und Verschmutzung ihres Lebensraums sowie unter Überfischung und Beifang. Zusätzlich ist die voranschreitende Klimakrise eine massive Bedrohung: „In den vergangenen Jahren gab es zunehmende Dürreperioden, die zu Hitzestress und folglich zu einem Massensterben rosaroter Flussdelfine im Amazonas geführt hat – ein herber Rückschlag für den Erhalt dieser seltenen Art”, sagt WWF-Experte Axel Hein. Klimaschutz ist daher eine essenzielle Maßnahme für den Erhalt der Art. Um weitere Bedrohungen, wie etwa den Beifang, zu verringern, arbeitet der WWF zudem erfolgreich an Projekten zum Anbringen kleiner Schallgeräte an Fischernetzen.

Verhandlungen zu MERCOSUR-Abkommen abgeschlossen

Verhandlungen zu MERCOSUR-Abkommen abgeschlossen

Die Europäische Union und die MERCOSUR-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay haben trotz des Widerstandes einiger Länder wie Frankreich, Polen und Österreich am 3. September die Verhandlungen zum MERCOSUR- Freihandelsabkommen abgeschlossen. Die damit entstehende Freihandelszone ist die weltweit größte, denn sie umfasst rund ein Drittel aller Warenexporte und ca. 720 Millionen Bewohner:innen. Während aus Wirtschaftsreihen viel Zustimmung kommt, sind Vertreter:innen der Bauernschaft, der Arbeitnehmer:innen und auch Stimmen der Zivilgesellschaft und Umweltorganisationen kritisch dem neuen Handelsvertrag gegenüber. 

 

Der neue EU-MERCOSUR-Pakt besteht inhaltlich aus zwei Teilen: einem politischen und einem wirtschaftlichen. Bei zweiterem hat die EU zu einem „Vertragskniff“ gegriffen, um die Notwendigkeit der einstimmigen Wahl durch einen Mehrheitsbeschluss zu ersetzen und damit auch gegen den Widerstand einzelner Länder (wie z.B. Frankreich und Polen) zustimmen zu können. Österreich ist bis dato durch einen Parlamentsbeschluß aus dem Jahr 2019 zu einem Veto verpflichtet.

„Die Kommission will das Mercosur-Abkommen mit einem Verfahrenstrick durchboxen – trotz massiver Widerstände angesichts seiner negativen ökologischen, sozialen und menschenrechtlichen Folgen. Das ist ein gravierender und undemokratischer Eingriff in die Spielregeln der europäischen Demokratie“, kritisiert Theresa Kofler von Attac Österreich.

Ob dieser Vertragskniff rechtlich akzetabel ist, ist strittig. Eine überparteiliche Initiative aus EU-Abgeordneten der Grünen, Liberalen, Sozialdemokrat:innen und Linken wird gemeinsam eine Prüfung des Vertrages durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beantragen.

Das Abkommen muss von den einzelnen Mitgliedsstaaten (inklusive nationaler Parlamente) und dem Europäischen Parlament ratifiziert werden.

Gründe für das Abkommen

Dies könnte mit der schlechten Wirtschaftssituation in der EU zu tun haben. Und auch mit der aktuellen globalen politischen Situation sowie der Vormachtstellung Chinas in Südamerika, das deren wichtigster Handelspartner ist. Durch die Abschaffung von Importzöllen würden neue Märkte für europäische Güter wie Autos und Industriegüter entstehen. „Nach Berechnungen der Europäischen Kommission können sich durch den Zollabbau für europäische Exporteure jährliche Einsparungen von vier Milliarden Euro ergeben. Damit leistet die Vereinbarung einen wichtigen Beitrag zu Wachstum und zur Wettbewerbsfähigkeit beider Seiten“, schreibt dazu die deutsche Bundesregierung. Laut EU-Aussendung sollen 440.000 neue Arbeitsplätzze dadurch geschaffen werden.

 

Demgegenüber würde die EU höhere Kontingente von Landwirtschaftsgütern aus Mercosur-Ländern zollfrei in die EU importieren.

Der EU-Mercosur-Pakt (laut den Vorverhandlungen) sieht unter anderem eine Erhöhung der Einfuhrquote von Rindfleisch von derzeit 200.000 Tonnen auf 300.000 Tonnen pro Jahr vor.
Die Importquote für Zucker soll um 10.000 Tonnen erhöht werden,
während die Importquote für Bio-Ethanol – das ebenfalls aus Zuckerrohr gewonnen wird – um 650.000 Tonnen steigen soll.

Dies verursacht großen Widerstand in der europäischen Bauernschaft. Es wird befürchtet, dass dadurch wichtige Schutzstandards in der Land- und Lebensmittelbranche unterwandert werden. „Das Mercosur-Abkommen würde dazu führen, dass die heimische Erzeugung durch Agrarimporte zu Standards aus dem vergangenen Jahrhundert verdrängt wird, zum Nachteil von Verbrauchern, Landwirten, Tieren, Umwelt und Klima.“, warnte zum Beispiel Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands. Desweiteren befürchten Umweltorganisationen wie Greenpeace, dass die Brandrodungen im Amazonas und anderen einzigartigen Ökosystemen in Südamerika zunähmen, während Landwirt:innen in Österreich unter zusätzlichen ökonomischen Druck geraten würden.

MERCOSUR und Klimaschutz

Ob und inwieweit dieser Freinhandelsvertrag dem Klimaschutz schadet, hängt vom Inhalt ab, den wir noch nicht genau kennen. Die deutsche Bundesregierung schreibt in einer Aussendung:

„Wichtig ist, dass Klimaschutz und der Schutz des Amazonas-Regenwaldes und anderer Ökosysteme eine zentrale Rolle in dem Abkommen spielen. Der Amazonas-Regenwald ist einer der relevanten Kipppunkte fürs Weltklima und sein Erhalt für die Menschheit extrem wichtig. Die aktuellen hohen Abholzungsraten dürfen durch das Mercosur-Abkommen nicht gesteigert werden.

Deshalb haben wir uns innerhalb der Europäischen Union und bei unseren Partnern in den Mercosur- Staaten intensiv dafür eingesetzt, ein Abkommen zu erreichen, dass Partnerschaft und Diversifizierung stärkt und Schutzstandards hochhält. Auf den ersten Blick ist gerade beim Klimaschutz viel erreicht worden, auch beim Waldschutz gibt es Fortschritte. Wir schauen uns den Text aber natürlich noch genau an.“

„Das Mercosur-Abkommen ist ein Paradies für nicht-nachhaltige Produkte“

Anna Cavazzini

Prinzipiell gehen auch hier die Meinungen weit auseinander. Sehen Umwelt- und Zivilschutzorganisationen größere Zerstörung und einen Anstieg der CO2-Emissionen voraus, glauben andere, dass durch diesen Vertrag der europäische Green Deal bis zum Amazonas ausgeweitet werden kann und er somit eine große Chance ist, durch den stärkeren Einfluss der EU in Lateinamerika die dortigen Klimaschutzstandards zu verbessern und auch dem starken Einfluss Chinas, das kaum Umweltauflagen stellt, etwas zu verringern.

Die handelspolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, Anna Cavazzini,  schreibt in einem Statement zu den Klimaschutzbemühungen im Abkommen:

„Doch diese wirken nur wie ein Anstrich auf einem morschen Haus. Wegen der Erhöhung der Agrarexporte aus den Mercosur-Ländern und fehlender durchsetzbarer Vorgaben wird das Abkommen zu mehr Entwaldung führen und damit zur Zerstörung der grünen Lunge unseres Planeten beitragen. Pestizide, die in Europa verboten sind, Verbrennerautos, die hierzulande auslaufen: das Mercosur-Abkommen ist ein Paradies für nicht-nachhaltige Produkte. Dieses Abkommen entspricht nicht den Notwendigkeiten, die sich aus der Klimakrise und dem Kollaps der globalen Biodiversität ergeben. Eine vom autokratischen US-Präsidenten verursachte Krise des globalen Handelssystems darf nicht als Entschuldigung dienen, Grünes Licht für ein schlechtes Abkommen zu geben. Stattdessen brauchen wir einen fairen Deal, der Menschenrechte und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt stellt.“

 

Link

EU-Aussendung vom 3.9.2025