COP30 – es fehlt die Vision

COP30 – es fehlt die Vision

In Belém treffen sich die Staaten zur entscheidenden Klimakonferenz – doch zwischen Zusage und Umsetzung liegt weiter ein Abgrund. Die Erwartungen an die COP30 in Belém sind hoch. Sie gilt als die Konferenz, auf der die Weltgemeinschaft ihre Klimapläne an das 1,5-Grad-Ziel anpassen soll. Doch schon vor Beginn ist klar: Die Ambitionslücke bleibt groß – zwischen dem, was versprochen wird, und dem, was nötig wäre.

 

Klimapläne auf Kollisionskurs
Laut dem aktuellen UNFCCC Synthesis Report führen die derzeit eingereichten nationalen Klimapläne (NDCs) auf einen Erwärmungspfad von 2,5 bis 2,9 °C bis Ende des Jahrhunderts. Selbst wenn alle Staaten ihre Versprechen einhalten würden, wäre das Ziel des Pariser Abkommens damit deutlich verfehlt. Besonders die großen Emittenten – China, die USA, Indien und die EU – stehen in der Kritik: Ihre Zusagen decken nur etwa 60 Prozent der notwendigen Emissionsminderungen bis 2035 ab.

 

Der Wille zur Veränderung fehlt
Auch die Finanzierung hinkt hinterher. Die zugesagten 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für den Global South wurden erstmals 2023 erreicht, doch der tatsächliche Bedarf liegt laut OECD bei mindestens 600 Milliarden Dollar jährlich, um Anpassung, Transformation und Schadensausgleich zu ermöglichen. Neue Zusagen in Belém konzentrieren sich auf Ankündigungen, weniger auf konkrete Zahlungsströme.
Zudem bleibt der Loss-and-Damage-Fonds, der auf der COP28 beschlossen wurde, ein symbolisches Konstrukt: Bisher sind weniger als 1,2 Milliarden Dollar tatsächlich eingezahlt worden – ein Bruchteil der Schäden, die allein 2024 durch Extremwetter verursacht wurden (geschätzt über 250 Milliarden Dollar weltweit, laut Munich Re).

Zur Info: Während über Klimaziele gestritten wird, plant die EU mit dem ReArm Europe Plan, bis 2030 zusätzlich zu den Verteidigungsausgaben 800 Milliarden Euro in militärische Aufrüstung zu investieren.

 

Zwischen Amazonasschutz und Exportboom
Brasilien versucht, mit der Gastgeberrolle neue Dynamik zu schaffen. Präsident Lula da Silva positioniert die Konferenz als „Amazonas-COP“, die Natur- und Klimaschutz zusammenführt. Doch gleichzeitig steigen die Emissionen des Landes durch Infrastrukturprojekte und steigende Soja- und Öl-Exporte wieder an. Symbolik und Realität klaffen auseinander.

 

Zwischen Hoffnung und Erosion
Die zentrale Frage lautet deshalb nicht mehr, ob die Staaten wissen, was zu tun wäre, sondern warum sie es nicht tun. Der technologische Weg ist bekannt, die ökonomischen Lösungen existieren, die gesellschaftliche Unterstützung wächst – und doch bleibt das globale Tempo zu langsam.

Die COP30 könnte zur Bewährungsprobe für das Pariser Abkommen werden. Wenn sie keine verbindliche Nachschärfung der NDCs und klare Finanzierungsmechanismen liefert, droht das Vertrauen in den multilateralen Klimaprozess weiter zu erodieren. Ohne neue Ambition – keine Glaubwürdigkeit. Und ohne Glaubwürdigkeit – kein Fortschritt.

Green AI – der Preis der Intelligenz

Green AI – der Preis der Intelligenz

Künstliche Intelligenz soll helfen, die Welt nachhaltiger zu machen – doch ihr eigener Energiehunger wächst schneller als ihre Effizienz. Künstliche Intelligenz gilt als Symbol des Fortschritts. Sie verspricht präzisere Klimamodelle, effizientere Energienetze, optimierte Lieferketten. Doch während sie hilft, Emissionen zu senken, treibt sie selbst neue in die Höhe. Denn jede einzelne Berechnung, jeder generierte Text, jedes trainierte Modell verbraucht Energie – und zwar in Größenordnungen, die lange unterschätzt wurden.

 

Das Training von GPT-4 verschlang Schätzungen zufolge rund 1.300 Megawattstunden Strom – genug, um über 120 deutsche Haushalte ein Jahr lang zu versorgen. Hinzu kommen Abermillionen täglicher Anfragen, die in Rechenzentren verarbeitet werden. Laut der International Energy Agency (IEA) könnte der weltweite Energiebedarf der KI-Systeme bis 2026 zehnmal höher liegen als heute. Schon jetzt verbrauchen Rechenzentren rund vier Prozent des globalen Stroms – Tendenz steigend.

 

Wenig bekannt ist auch der Wasserverbrauch: Für die Kühlung der Server wird in manchen Anlagen mehrere Hunderttausend Liter Wasser pro Tag benötigt. Forschende der University of California schätzen, dass eine einzelne ChatGPT-Session indirekt etwa 500 Milliliter Wasser kostet – genug, um bei Milliarden täglicher Anfragen spürbare ökologische Effekte zu erzeugen.

 

Gleichzeitig arbeitet die Branche an Lösungen. Nvidia und AMD entwickeln Chips, die bis zu 40 Prozent weniger Energie pro Rechenoperation benötigen. Hyperscaler wie Microsoft oder Google investieren Milliarden in erneuerbare Energien, um ihre Rechenzentren CO₂-neutral zu betreiben. Doch selbst das reicht kaum, solange der Bedarf weiter explodiert. Google meldete in seinem Nachhaltigkeitsbericht 2024 einen 48 Prozent höheren CO₂-Ausstoß als im Vorjahr – vor allem durch KI-Anwendungen.

 

„Green AI“ ist daher kein fertiges Konzept, sondern ein Zielkorridor. Es geht nicht nur darum, Modelle effizienter zu machen, sondern den gesamten Lebenszyklus mitzudenken: vom Ressourcenverbrauch bei der Chip-Produktion über den Energie- und Wasserbedarf im Betrieb bis hin zur Entsorgung der Hardware. Auch Software-Design spielt eine Rolle – kleinere, spezialisierte Modelle können viele Aufgaben erfüllen, ohne Terawattstunden zu verschlingen.

 

KI kann helfen, Energieflüsse zu steuern, Klimarisiken zu erkennen und den Ressourcenverbrauch zu senken. Doch damit sie Teil der Lösung wird, muss sie lernen, ihre eigene Bilanz zu verbessern. Nachhaltigkeit ist keine nachträgliche Optimierung – sie muss zum Designprinzip werden.

 

Quellen:
International Energy Agency (2024): Electricity 2024 – Analysis and forecast to 2026
University of California, Riverside (2024): Making AI Less Thirsty
Google Sustainability Report (2024)
Nvidia Technical Brief (2025)
Yale Environment 360 (2025): AI’s Growing Energy and Water Footprint

Die Puren unter den Weinen

Die Puren unter den Weinen

Sie sind roh, unverblümt, eigensinnig und haben keinerlei Anspruch, dem Mainstream-Schönheitsideal zu entsprechen. Sie werden geliebt oder gehasst – kalt lassen sie niemanden.

Schon einmal von Nude oder Natur-Weinen gehört?

 

Heute möchte ich euch einladen, eure gewohnten Geschmackswelten zu überflügeln, eure Komfortzone zu verlassen und einzutauchen in eine Welt des puren Weins – ungeschönt ohne Weichzeichner. Wein wie er ist.

 

Was ist Natur Wein?

Viele Menschen gehen davon aus, dass Wein per se ein Naturprodukt ist – er wird ja aus Trauben gemacht… das ist nicht falsch, aber eine sehr romantische Sicht der Dinge.

Klassische Weinproduktion bedient sich Enzymen, fügt Tannin zu oder entzieht es, setzt Säure, Zucker, Nährstoffe zu, sterilisiert, filtert, klärt, zeichnet weich – so viele Schönheitseingriffe. Würde man nach einer Botox-Behandlung auch noch von einer Naturschönheit sprechen?

Über 50 Stoffe dürfen zugesetzt werden, ohne am Etikett zu erscheinen, da Wein im EU-Recht als Genussmittel, nicht als Lebensmittel definiert ist. Das befreit ihn von der Pflicht, alle Zusatzstoffe auf dem Etikett anzuführen.

Schwefel ist die Ausnahme, denn er kann Allergien auslösen.

Der Begriff Naturwein, natural, raw oder naked wine, vino nudo, vin artisanal oder vin naturel unterliegt eigentlich keinem gesetzlichen Reglement.

Langläufig gehen wir aber von biologischer oder sogar biodynamischer Landwirtschaft, keiner Verwendung von Zusatzstoffen (außer Schwefel) und wenig Eingriff im Weinkeller aus. Tatsächlich ist das aber nur beim Winzer oder Weinhändler unseres Vertrauens festzustellen.

 

 

Ist Orange automatisch ein Naturwein?

Nein. Heißt aber nicht, dass er keiner sein kann.

Orange bezeichnet allein ein Verfahren, bei dem weiße Trauben so verarbeitet werden wie traditionellerweise Rotwein. Die Farbe, die sich daraus ergibt ist spektakulär und kann von Gold bis Purpur reichen.

Orangen finden sich darin übrigens keine.

 

Und Pet Nat?

Pétillant Naturel klingt schon himmlisch – die Bedeutung steht dem Wohlklang um nichts nach: Natürlich sprudelnd.

Es dreht sich also hier um naturbelassen schäumenden Wein. Das bedeutet, dass der gärende Traubensaft in der verschlossenen Flasche so lange vor sich hin gärt bis die Hefekulturen allen Zucker aufgegessen haben. Fertig!

Der Unterschied zu traditionellen Schaumweinen besteht darin, dass diese ein zweites Mal durch Zusatz von Hefe fermentiert werden.

 

Ich rate euch, den Sprung über den Schatten des Gewohnten zu wagen, denn er lohnt sich – auch wenn gewöhnungsbedürftig, so ist der geschmackliche, visuelle und olfaktorische Genuss, der übrigens oft nichts mit dem Eindruck, der sich am Gaumen bietet, zu tun hat, spektakulär und einzigartig.

Hab ich’s schon gesagt? Ich liebe das Pure – da ist der Wein nicht ausgeschlossen.💚

EU-Klimaziele 2040: Mittelmaß statt Führungsrolle

EU-Klimaziele 2040: Mittelmaß statt Führungsrolle

Nach langem Ringen haben sich die EU-Umweltminister:innen auf ein Klimaziel 2040, und zwar ein Minus von 90 Prozent im Vergleich zu 1990 geeinigt. Allerdings können die Mitgliedsstaaten 5% ihrer Emissionen mit mehr Klimaschutzzertifikaten ausgleichen. Deren Wirksamkeit wird vielfach skeptisch gesehen. In einem offen Brief plädierten Ende Oktober 2.000 europäische Wissenschaftler:innen für eine Reduktion der Emissionen von 90-95% , um die Klimaneutralität 2050 erreichen zu können. 

 

Wichtige Inhaltspunkte auf einen Blick

Bis 2040: Minus 90% Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 sowie
Maximal 5% der Emissionsreduktion können durch Anrechnung internationaler Zertifikate erreicht werden – streng genommen sind es also nur 85 % Emissionseinsparungen
Klimaschutzbeitrag der EU für 2035 für COP 30: Bis 2035 sollen die Emissionen in der EU um 66,25-72,5 Prozent sinken.
Ab 2036 dürfen schrittweise bis zu 5% der Minderung in der gesamten EU auch über die Anrechnung hochwertiger, internationaler Zertifikate erreicht werden.
Ab 2031 kann ein Pilot für einen internationalen Markt für hochqualitative Zertifikate initiiert werden. Die Kommission soll zudem prüfen, ob auch die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten sollen, einen geringen Teil ihrer nationalen Klimaschutzverpflichtungen aus dem EU-Klimaschutzrecht im Zeitraum nach 2030 über internationale Gutschriften zu erreichen.
Der neue Emissionshandel für die Bereiche Gebäude und Verkehr (ETS II) soll ein Jahr später als zunächst geplant im Jahr 2028 starten – dies bedeutet, dass der CO2-Ausstoß von Autos und und Heizungen erst 2028 in Rechnung gestellt werden soll.

Mit dem Ratsbeschluss ist der politische Rahmen gesetzt – nun müssen die EU-Institutionen im sogenannten Trilog mit dem Europäischen Parlament verhandeln. Das Parlament hatte sich in früheren Abstimmungen bereits für ambitioniertere Vorgaben ausgesprochen. Die endgültige Fassung des Klimaziels wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026 beschlossen.

 

Offener Brief von 2.000 Wissenschaftler:innen: „Existenzielle Notwendigkeit“

Bereits am 21. Oktober 2025 hatten mehr als 2.000 Wissenschaftler:innen aus ganz Europa in einem offenen Brief an die EU-Führung gewarnt, die Klimaziele dürften nicht durch „Rechentricks oder Kompensationen“ aufgeweicht werden. Darin rufen viele renommierte Wissenschaftlerinnen wie die Klimaforscher Hans-Otto Pörtner, Gottfried Kirchengast, Helga Kromp-Kolb und der Ökologe Franz Essl dazu auf, wieder auf die Wissenschaft zu hören und an den Pariser Klimazielen festzuhalten.

Sie sehen in der „Netto-Reduzierung der Treibhausgase (THG) um 90 % bis 95 % im Vergleich zum Niveau von 1990 nicht nur eine politische Entscheidung, sondern eine existenzielle Notwendigkeit, um die Zukunft Europas zu sichern und das Leben der Menschen angesichts des zunehmend hohen Risikos der Überschreitung kritischer Kipppunkte zu schützen.“

 

Klimaschutz bringt viele Vorteile

Unter dem Titel „Climate Neutrality Is Europe’s Greatest Economic Opportunity“ erklären sie, dass externe Emissionsgutschriften nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden sollten. Desweiteren wird betont, dass Klimaschutz eine wirtschaftliche Chance für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit darstelle, über 2 Millionen neue Jobs schaffe, Einsparungen bis zu Zweidrittel der Energiekosten mit sich bringe und die Abhängigkeit von autokratischen Staaten verringere.

„Zu viele Schlupflöcher“

Klimaschützer:innen und Umweltverbände begrüßten die Einigung grundsätzlich, warnten aber vor „zu vielen Schlupflöchern“ und einem „faulen Kompromiss“. So könnten die geplanten Flexibilitäten etwa im Verkehrs- und Gebäudesektor die reale Emissionsminderung hinauszögern. Auch die Anrechnung internationaler CO₂-Kredite wird kritisch gesehen, da sie oft schwer nachprüfbar seien.

Der WWF Österreich bewertet den heutigen Beschluss der Umweltministerinnen und -Umweltminister zum EU-Klimaziel 2040 als „faulen Kompromiss”. Denn die versprochene Emissionsreduktion von 90 Prozent bis 2040 gegenüber dem Ausgangsjahr 1990 wird durch mehrere Tricks und Klauseln verwässert. „Die Politik ermöglicht teure Schlupflöcher und Scheinlösungen wie Zertifikatskäufe. Dazu kommen neue Einfallstore für Bremser und Blockierer, um echten Klimaschutz zu verhindern”, sagt WWF-Klimasprecher Reinhard Uhrig.

Als „Irrweg” bewertet Uhrig die geplante Nutzung von internationalen Offsets, um das 2040-Ziel zu erreichen. „Das ist potenziell sehr teuer und in der Praxis großteils wirkungslos. Laut Studien reduzieren nur 16 Prozent dieser Kompensationsprojekte tatsächlich Emissionen. Stattdessen sollte es eine wirksame Klima- und Naturschutz-Offensive in Europa geben”, sagt Reinhard Uhrig vom WWF.

Greenpeace spricht von einem „schlechten Kompromiss“, denn die Zusatzvereinbarungen höhlen das Ziel aus. So sollen ganze fünf Prozent der Treibhausgase nicht in der EU eingespart, sondern mit Zertifikaten billig aus dem Ausland mit fragwürdiger Wirkung eingekauft werden, Greenpeace weiter. Die eingefügte Revisionsklausel führe dazu, dass das Klimaziel in Zukunft abgeschwächt werden könne.

Branchenverbände fordern hingegen „mehr Übergangsfristen und finanzielle Unterstützung“, um Wettbewerbsnachteile gegenüber Regionen mit weniger strengen Klimazielen zu vermeiden.

 

„Mittelmaß statt Führungsrolle“: EU- Klimabeitrag für COP 30

Bereits im September hätte die EU ihre Klimaziele für 2035 an die UN in Vorbereitung der nächste Woche stattfindenen UN-Weltklimakonferenz in Belém, Brasilien, vorlegen sollen. Dieser wurde nun im Zuge der Klimaziel 2040-Debatte ebenfalls festgelegt. Allerdings konnten sich die Umweltminister:innen nicht auf eine verbindliche Zahl  einigen, sondern nur auf eine Spanne zwischen 66 und 72 Prozent.

„Für den Klimamusterschüler EU nur eine mittelmäßige Leistung. Sie zeigt auch, wie unterschiedlich die 27 Länder beim Klimaschutz inzwischen ticken. Polen und Frankreich gehen die Klimaziele zu weit. Spanien dagegen, das in den vergangenen Jahren immer wieder unter großer Hitze und Überschwemmungen zu leiden hatte, stimmte dem Kompromiss zähneknirschend zu.“, schreibt dazu die tagesschau.

 

WWF Österreich kritisiert das Ergebnis als ambitionslos. „Damit begnügt sich die EU mit Mittelmaß, anstatt ihrer globalen Führungsrolle für echten Klimaschutz gerecht zu werden”, sagt Reinhard Uhrig vom WWF.

 

Links:

Pressemitteilung des Deutschen Bundesumweltministeriums (BMUK)

Offener Brief 21.10.2025 „Climate Neutrality is Europe’s Greatest Economic Opportunity“

2,8 °C Erwärmung: „Der Weg in eine lebenswerte Zukunft wird von Tag zu Tag steiler“

2,8 °C Erwärmung: „Der Weg in eine lebenswerte Zukunft wird von Tag zu Tag steiler“

Am 4. November 2025 veröffentlichte das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) den diesjährigen Emssions Gap Report, laut dem die Erde auf eine Erwärmung von 2,8 Grad statt der 2015 in Paris vereinbarten 1,5 Grad zusteuert. Eine Bewertung der verfügbaren neuen Klimaschutzzusagen im Rahmen des Pariser Abkommens kommt zu dem Ergebnis, dass der prognostizierte globale Temperaturanstieg im Laufe dieses Jahrhunderts nur geringfügig zurückgegangen ist, sodass die Welt weiterhin auf eine ernsthafte Eskalation der Klimarisiken und -schäden zusteuert. Der Anstieg der weltweiten Emissionen im Jahr 2024 um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr erschwert die Erreichung des 1,5 Grad Ziels zusätzlich.

 

Key Findings:

Weniger als ein Drittel der 200 Vertragsparteien des Pariser Abkommens hat bis zum 30. September 2025 neue nationale Klimapläne (NDCs) mit Klimaschutzzielen für 2035 vorgelegt – auch die EU zählt zu denjenigen, die dies noch nicht eingereicht haben.
Die globalen Temperaturen werden nun voraussichtlich 2,3 bis 2,5 °C bei vollständiger Umsetzung der Klimapläne erreichen, gegenüber 2,6 bis 2,8 °C im letzten Jahr.
Der US-Klimaplan wurde allerdings noch unter der Regierung Joe Bidens erstellt – der Austritt der USA ist im diesjährigen Gap Report noch nicht miteingerechnet.
Mangelnde Ambitionen und Maßnahmen bedeuten, dass die Überschreitung von 1,5 °C näher rückt.
G20-Staaten sind für 77% aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. 7 Länder haben NDCs eingereicht, 3 planen es. Es fehlt also noch die Hälfte. Die eingereichten Ziele sind laut UNEP nicht ambitioniert genug.

 

Die Ergebnisse des Emissions Gap Report 2025: Off Target

Der Berichts kommt zu dem Ergebnis, dass die Prognosen für die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert bei vollständiger Umsetzung der national festgelegten Beiträge (NDCs) nun bei 2,3 bis 2,5 °C liegen, verglichen mit 2,6 bis 2,8 °C im Bericht des letzten Jahres. Die Umsetzung der aktuellen Politik würde zu einer Erwärmung von bis zu 2,8 °C führen, verglichen mit 3,1 °C im letzten Jahr.

Allerdings sind 0,1 °C der Verbesserung auf methodische Aktualisierungen zurückzuführen, und der bevorstehende Austritt der USA aus dem Pariser Abkommen wird weitere 0,1 °C zunichte machen, was bedeutet, dass die neuen NDCs selbst kaum etwas bewirkt haben. Die Staaten sind nach wie vor weit davon entfernt, das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, die Erwärmung auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen und gleichzeitig Anstrengungen zu unternehmen, um unter 1,5 °C zu bleiben.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass der mehrdekadische Durchschnitt des globalen Temperaturanstiegs zumindest vorübergehend 1,5 °C überschreiten wird. Dies wird schwer umkehrbar sein und erfordert schnellere und größere zusätzliche Reduktionen der Treibhausgasemissionen, um Überschreitungen zu minimieren, Schäden für Leben und Wirtschaft zu reduzieren und eine übermäßige Abhängigkeit von unsicheren Methoden zur Entfernung von Kohlendioxid zu vermeiden

„Wissenschaftler sagen uns, dass ein vorübergehender Anstieg über 1,5 Grad nun unvermeidlich ist – spätestens ab Anfang der 2030er Jahre. Und der Weg in eine lebenswerte Zukunft wird von Tag zu Tag steiler. Aber das ist kein Grund, aufzugeben. Es ist ein Grund, uns zu verstärken und zu beschleunigen. 1,5 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts bleiben unser Leitstern. Und die Wissenschaft ist eindeutig: Dieses Ziel ist noch immer in Reichweite. Aber nur, wenn wir unsere Ambitionen deutlich steigern.“

UN-Generalsekretär António Guterres in seiner Botschaft zu dem Bericht

 

„Die Nationen haben drei Versuche unternommen, die im Rahmen des Pariser Abkommens gemachten Versprechen einzuhalten, und jedes Mal haben sie ihr Ziel verfehlt“, sagte Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UNEP. „Die nationalen Klimapläne haben zwar einige Fortschritte gebracht, aber sie sind bei weitem nicht schnell genug. Deshalb brauchen wir nach wie vor beispiellose Emissionsreduktionen in einem immer enger werdenden Zeitfenster und vor einem zunehmend schwierigen geopolitischen Hintergrund.“

 

 

Off Target: Länder sind nicht auf dem Weg ihre Klimaziele für 2030 zu erreichen

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass bis zum 30. September 2025 nur 60 Vertragsparteien des Pariser Abkommens, die für 63 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, neue NDCs mit Klimaschutzzielen für 2035 vorgelegt oder angekündigt hatten. Zusätzlich zu den mangelnden Fortschritten bei den Zusagen besteht nach wie vor eine enorme Umsetzungslücke, da die Länder nicht auf dem Weg sind, ihre NDCs für 2030 zu erreichen, geschweige denn die neuen Ziele für 2035.

Die Einhaltung des Pariser Abkommens erfordert rasche und beispiellose Reduzierungen der Treibhausgasemissionen, die über die Zusagen hinausgehen – eine Aufgabe, die durch den Anstieg der Emissionen um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 57,7 Gigatonnen CO2-Äquivalent im Jahr 2024 erschwert wird. Die Emissionen im Jahr 2030 müssten gegenüber 2019 um 25 Prozent sinken, um das 2-Grad-Ziel zu erreichen, und um 40 Prozent, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen – und dafür bleiben nur noch fünf Jahre Zeit.

Die vollständige Umsetzung aller NDCs würde die erwarteten globalen Emissionen im Jahr 2035 um etwa 15 Prozent gegenüber dem Niveau von 2019 senken – allerdings werden sich diese Zahlen durch den Rückzug der USA ändern. Diese Reduktionen liegen weit unter den 35 Prozent bzw. 55 Prozent, die im Jahr 2035 erforderlich sind, um die 2°C- bzw. 1,5°C-Pfade einzuhalten.

 

Es fehlt der politische Wille, während genügend technische Werkzeuge vorhanden sind

Seit der Verabschiedung des Pariser Abkommens vor zehn Jahren sind die Temperaturprognosen von 3,5 °C auf 3 °C gesunken. Die erforderlichen kohlenstoffarmen Technologien für eine deutliche Emissionsreduzierung sind verfügbar. Die Entwicklung von Wind- und Solarenergie boomt, wodurch die Einsatzkosten sinken. Das bedeutet, dass die internationale Gemeinschaft ihre Klimaschutzmaßnahmen beschleunigen kann, wenn sie sich dazu entschließt. Eine schnellere Reduzierung der Emissionen würde jedoch erfordern, dass man sich in einem schwierigen geopolitischen Umfeld zurechtfindet, die Unterstützung für Entwicklungsländer massiv erhöht und die internationale Finanzarchitektur neu gestaltet.

„Aber es ist noch möglich – gerade noch. Bewährte Lösungen gibt es bereits. Vom raschen Wachstum billiger erneuerbarer Energien bis zur Bekämpfung von Methanemissionen wissen wir, was zu tun ist. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Länder alles geben und mit ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen in ihre Zukunft investieren – Maßnahmen, die zu schnellerem Wirtschaftswachstum, besserer Gesundheit der Menschen, mehr Arbeitsplätzen, Energiesicherheit und Widerstandsfähigkeit führen.“

Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UNEP

 

G20-Staaten sind besonders in der Pflicht

Die Maßnahmen und die Führungsrolle der G20 werden laut UNEP von entscheidender Bedeutung sein, da die G20-Mitglieder – mit Ausnahme der Afrikanischen Union – für 77 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Sieben G20-Mitglieder haben neue NDCs mit Zielen für 2035 vorgelegt, während drei Mitglieder solche Ziele angekündigt haben. Diese Zusagen seien jedoch nicht ambitioniert genug, die G20-Mitglieder insgesamt nicht auf dem Weg, selbst ihre NDC-Ziele für 2030 zu erreichen, und die Emissionen der G20 stiegen 2024 um 0,7 Prozent – all dies deute darauf hin, dass die größten Emittenten ihre Maßnahmen massiv verstärken müssen.

 

Unser pro.earth.Fazit:

Der rasante Anstieg des Meeresspiegel, das immer schneller voranschreitende Abschmelzen der Gletscher und Polkappen, länger anhaltende Hitze- und Dürreperioden, die wärmsten Wassertemperaturen unserer Ozeane, zunehmende Anzahl der Tropenstürme mit extremen Windgeschwindigkeiten, zunehmende Starkregenereignisse mit Überschwemmungen und Vermurungen, das Absterben der Korallenriffe weltweit, der extreme Rückgang der weltweiten Artenvielfalt, die Abholzung und das Absterben unserer weltweiten Wälder und diese Aufzählung könnte und weitergführt werden – dies alles ist mit der Erderwärmung verbunden und dennoch geschieht auf der weltweiten politischen Bühne viel zu wenig. Nächste Woche startet die diesjährige UN-Weltklimakonferenz COP 30 in Belem, Brasilien unter schwierigen Voraussetzungen und mit einer neu gebauten vierspurigen Autobahn durch den Regenwald, die extra dafür gebaut wurde.

Ein Meilenstein für nachhaltige Mobilität

Ein Meilenstein für nachhaltige Mobilität

Das schwedische Technologieunternehmen Einride hat einen bedeutenden Schritt in Richtung automatisierter und emissionsarmer Logistik gemacht: Im Hafen Port of Antwerp-Bruges in Belgien wurde erstmals ein fahrerloser, elektrisch betriebener Schwerlast-Lkw auf öffentlichen Straßen eingesetzt.

Diese Demonstration wurde im Rahmen der belgischen Regulierung für autonome Fahrzeuge genehmigt und zeigt, wie technische Innovation und Gesetzgebung in Europa zusammenwirken können, um Transportprozesse sicherer, sauberer und effizienter zu gestalten.

 

Was steckt dahinter?

Der Einsatz erfolgte im Hafenbetrieb von Port of Antwerp-Bruges, einem der komplexesten Logistikumschlagplätze Europas. Einride nutzt dafür eine speziell entwickelte Plattform: ein „cab-less“ Schwerlast-Fahrzeug, verbunden mit der firmeneigenen Autonomie-Software „Einride Driver“ sowie einem Kontrollzentrum („Control Tower“), über das der Fahrzeugbetrieb überwacht wird. Die verwendete Sensorik umfasst unter anderem Lidar-, Radar- und Kamerasysteme für eine 360°-Umfelderfassung. Der Schritt unterstreicht Einrides Ambition, autonome Fahrzeuge nicht nur in Testanlagen, sondern im realen Einsatz in der Logistik einzusetzen.

 


Bedeutung für Umwelt und Logistik

Der Einsatz autonomer Elektro-Schwerlastfahrzeuge birgt mehrere Potenziale:

• Reduzierung von Emissionen durch Elektromotoren anstelle von Diesel – besonders relevant im Hafen- und Schwerlastumfeld.

• Effizientere Ressourcennutzung durch Echtzeit-Überwachung und optimierte Fahrwege.

• Erhöhung der Sicherheit, da menschliche Fahrer von monotonen oder risikobehafteten Fahrten entlastet werden.

• Skalierbarkeit: Mit der cab-less-Konfiguration kann ein Remote-Operator mehrere Fahrzeuge überwachen und so die Effizienz steigern.

 


Ausblick

Dieser Einsatz im Hafen von Antwerpen-Brügge ist ein wichtiger Meilenstein – jedoch nicht das Ende der Entwicklung. Die nächsten Schritte umfassen die Skalierung der Technologie, längere Einsatzstrecken und die Integration in reguläre Lieferketten. Einride sieht in dem Projekt einen Beleg dafür, dass private und öffentliche Akteure gemeinsam Innovation vorantreiben können – auf dem Weg zu einer klimaneutralen Logistik.

Link: https://www.einride.tech/

Foto: © Einride

Ein Planet am Abgrund – State of the Climate Report 2025

Ein Planet am Abgrund – State of the Climate Report 2025

Die jüngste Ausgabe des State of the Climate Report 2025 zeigt ein klares Bild: Unser Planet steht unter massivem Druck. Laut der Studie erreichen 22 von 34 untersuchten Lebenszeichen der Erde neue Höchststände – ein deutliches Warnsignal, dass das Erdsystem in immer mehr Bereichen seine Belastungsgrenzen überschreitet. Zu den Lebenszeichen zählen zentrale Indikatoren wie Treibhausgaskonzentrationen, Ozeanwärme, Gletscherschmelze, Meereisrückgang und die Häufigkeit extremer Wetterereignisse. Die Autor*innen betonen, dass 2024 mit hoher Wahrscheinlichkeit das wärmste Jahr seit mindestens 125 000 Jahren war.

 

Besonders auffällig sind folgende Entwicklungen:

Die Wärmeaufnahme der Ozeane liegt auf einem neuen Rekordniveau.
CO₂-Konzentrationen und andere Treibhausgase erreichen historische Höchstwerte.
Eisschilde und Gletscher verlieren in rasantem Tempo an Masse.
Extreme Wetterereignisse wie Dürren, Hitzewellen und Waldbrände nehmen in Intensität und Häufigkeit zu.

Die Forschenden warnen, dass diese Signale kein bloßer Trend sind, sondern Ausdruck einer beschleunigten Systemveränderung. Wenn über zwei Drittel der Lebenszeichen des Planeten Rekordwerte anzeigen, bedeutet das, dass zentrale ökologische Kreisläufe – Kohlenstoff, Wasser, Energie – aus dem Gleichgewicht geraten.

 

Handlungsspielraum und Verantwortung

Der Bericht lässt keinen Zweifel: Es besteht noch Handlungsspielraum, aber das Zeitfenster schließt sich schnell.
Zu den dringend empfohlenen Maßnahmen gehören:

Der schnelle Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.
Der massive Ausbau erneuerbarer Energien.
Der Schutz und die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme.
Eine Transformation der globalen Ernährungssysteme hin zu Ressourcenschonung und pflanzenbasierter Ernährung.
Ein gesellschaftlicher Wandel, der Konsum, Mobilität und Wirtschaft konsequent an Nachhaltigkeit ausrichtet.

Die Studie ruft dazu auf, Klimaschutz nicht mehr als Option, sondern als Verpflichtung zu verstehen. Jede Zehntelgrad-Erwärmung zählt, jede Verzögerung vergrößert die Risiken. Wenn die Erde ihre „Vitalfunktionen“ verliert, verliert auch die Menschheit ihre Lebensgrundlage.

 

 

 

Infobox: Die Erde im Jahr 2025

Berichtsquelle: State of the Climate Report 2025, BioScience

Lebenszeichen in Rekordbereich: 22 von 34

Wärmster Zeitraum: 2024 – wahrscheinlich wärmstes Jahr seit 125 000 Jahren

CO₂-Konzentration: über 420 ppm

Ozeanwärme-Inhalt: Rekordhoch

Arktisches Meereis: historisches Minimum

Forderung der Forschenden: rascher Ausstieg aus fossilen Energien, globale Systemtransformation

 

Link: The 2025 State of the Climate Report: A Planet on the Brink, BioScience, DOI: 10.1093/biosci/biaf149

Neom: Saudi-Arabiens Sprung in die grüne Zukunft

Neom: Saudi-Arabiens Sprung in die grüne Zukunft

Mitten in der Wüste entsteht eine Stadt der Zukunft: Neom, das Prestigeprojekt Saudi-Arabiens, soll zeigen, dass eine klimaneutrale Hightech-Metropole auch in einem Land möglich ist, dessen Reichtum bisher auf Öl basierte. Das Mega-Projekt steht im Zentrum der saudischen Vision 2030, einer umfassenden Transformationsstrategie, mit der das Königreich seine Wirtschaft diversifizieren und von fossilen Brennstoffen unabhängiger machen will.

 

Eine Stadt als Labor der Energiewende

Neom liegt im Nordwesten Saudi-Arabiens, an der Küste des Roten Meeres, und erstreckt sich über eine Fläche von rund 26.000 Quadratkilometern – etwa so groß wie Albanien. Herzstück des Projekts ist die geplante Stadt „The Line“, ein 170 Kilometer langer, linear angelegter urbaner Raum, der vollständig mit erneuerbarer Energie betrieben werden soll.

Doch Neom ist mehr als ein Stadtbauprojekt. Es ist zugleich ein groß angelegtes Energie- und Industrieexperiment, das zeigen soll, wie sich Wirtschaftswachstum und Klimaneutralität vereinen lassen. Eine zentrale Rolle spielt dabei der grüne Wasserstoff – jener Energieträger, der mit Hilfe von Wind- und Solarstrom aus Wasser hergestellt wird und als Schlüsseltechnologie der globalen Dekarbonisierung gilt.

 

Helios Green Fuels: Die größte Wasserstoffanlage der Welt

Das ehrgeizigste Einzelprojekt innerhalb von Neom trägt den Namen Helios Green Fuels. Es soll ab 2026 täglich mehr als 600 Tonnen grünen Wasserstoff produzieren – genug, um jährlich rund 1,2 Millionen Tonnen CO₂ einzusparen.

Für die Umsetzung haben sich der saudische Energieversorger ACWA Power, das US-Unternehmen Air Products und die NEOM Company zusammengeschlossen. Die Investitionssumme beträgt rund 8,4 Milliarden US-Dollar. Der Strom für die Elektrolyse stammt vollständig aus Solar- und Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 4 Gigawatt.

Der erzeugte Wasserstoff wird in Form von Ammoniak exportiert – eine effiziente Transportform, die es erlaubt, den Treibstoff weltweit zu verschiffen. Zielmärkte sind vor allem Europa und Asien, wo die Nachfrage nach klimafreundlichen Energieimporten stark wächst.

 

Vision und Widerspruch

Das Projekt verkörpert einen symbolischen Wendepunkt für Saudi-Arabien: vom größten Ölexporteur der Welt hin zu einem potenziellen Exporteur sauberer Energie. Zugleich ist Neom ein gewaltiges Experiment in Sachen Stadtplanung, Technologie und Politik.

Kritiker werfen dem Projekt jedoch vor, vor allem auf Prestige und internationale Wirkung abzuzielen. Menschenrechtsorganisationen berichten von Zwangsumsiedlungen lokaler Bevölkerungsgruppen im Baugebiet. Auch die enormen Baukosten und die Frage, ob die Stadt tatsächlich vollständig emissionsfrei betrieben werden kann, sorgen für Diskussionen.

Befürworter sehen in Neom dagegen einen notwendigen Schritt in Richtung Transformation. „Neom ist mehr als eine Stadt – es ist ein Katalysator für eine neue industrielle Ära, die sich auf erneuerbare Energien stützt“, erklärte kürzlich der CEO von ACWA Power. Tatsächlich könnte die dort entwickelte Wasserstofftechnologie entscheidend dazu beitragen, ähnliche Großprojekte weltweit zu beschleunigen.

 

Internationale Bedeutung

Mit Neom positioniert sich Saudi-Arabien strategisch als zukünftiger Global Player im Wasserstoffmarkt. Die geografischen und klimatischen Bedingungen des Landes – hohe Sonneneinstrahlung, konstante Winde und weitläufige Flächen – machen es zu einem idealen Standort für die Produktion großer Mengen grüner Energie.

Für Europa könnte Saudi-Arabien künftig ein wichtiger Partner werden, um den Bedarf an importiertem Wasserstoff zu decken. Erste Abnahmeverträge zwischen Air Products und europäischen Energieversorgern befinden sich in Vorbereitung.

 

Conclusio

Neom steht exemplarisch für den Versuch, die Wirtschaft eines ölreichen Landes in eine klimaneutrale Zukunft zu führen. Ob das Projekt am Ende ein Vorbild für nachhaltige Stadtentwicklung oder ein gigantisches Experiment bleibt, ist offen. Doch schon jetzt zeigt es, dass selbst traditionelle Energiemächte beginnen, ernsthaft in eine postfossile Ära zu investieren.

NEOM Official Website – Projektübersicht und Nachhaltigkeitsstrategie
https://www.neom.com/en-us

Nachhaltiger Tourismus im Ausseerland mit Österreichischem Umweltzeichen ausgezeichnet

Nachhaltiger Tourismus im Ausseerland mit Österreichischem Umweltzeichen ausgezeichnet

Die Tourismusregion Ausseerland wird als erste Region in der Steiermark für ihr Engagement in Nachhaltigkeit und sanften Tourismus ausgezeichnet. Für den Tourismus ist es ein wichtiges Signal – sowohl in der Region als auch an die Gäste.

Das Ausseerland wurde vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit dem Österreichischen Umweltzeichen für Destinationen prämiert. Diese renommierte Zertifizierung würdigt das starke Engagement der Region für umweltbewussten Tourismus, regionale Wertschöpfung und den bewussten Umgang mit natürlichen Ressourcen.

Bereits seit Jahren setzt das Ausseerland auf nachhaltige Initiativen wie den Ausbau der regionalen Mobilität, umweltzertifizierte Hotels und Gastronomiebetriebe sowie die Förderung regionaler und landwirtschaftlicher Produkte. Ein erfolgreiches Beispiel ist die Renaturierung der Moore, eine wichtige Klima- und Umweltressource, für deren Erforschung, Erhaltung und Wertschätzung die Region sich intensiv einsetzt.

Mit dem Umweltzeichen positioniert sich das Ausseerland als verantwortungsvolle Tourismusdestination im nationalen wie internationalen Bewusstsein. Diese Auszeichnung ist ein wichtiger Schritt für uns. Sie zeigt, dass sanfter Tourismus und hohe Lebensqualität Hand in Hand gehen können, unterstreicht Pamela Binder, Geschäftsführerin der Erlebnisregion Ausseerland Salzkammergut. Ein Weg, den man konsequent weitergehen wird: Wir sind stolz darauf, dass im Ausseerland Regionalität, Natur und Umwelt einen so hohen Stellenwert haben. Die offizielle Anerkennung bestätigt, dass dieser Weg der richtige ist, sagt Tourismusdirektorin Pamela Binder.

 

Strenger Kriterienkatalog

Das Österreichische Umweltzeichen, 1990 vom Bundesministerium für Umwelt initiiert, gilt als verlässliches Gütesiegel für ökologische Qualität und soziale Verantwortung. Für Tourismusdestinationen ist es die höchste offizielle Anerkennung für umfassende Nachhaltigkeitsstrategien. Bewertet werden unter anderem umweltfreundliche Mobilität, Energieeffizienz, Abfall- und Ressourcenmanagement, der Schutz von Natur- und Kulturlandschaften sowie die Einbindung lokaler Betriebe und Gemeinden.

Mit dem Erhalt des Umweltzeichens zählt das Ausseerland zu den führenden Vorzeigeregionen Österreichs, die konsequent auf nachhaltige Entwicklung setzen.

 

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Tourismusregion Ausseerland

Grüner Wasserstoff – vom Pilotprojekt zur globalen Energielösung

Grüner Wasserstoff – vom Pilotprojekt zur globalen Energielösung

Grüner Wasserstoff entwickelt sich zunehmend zu einer tragenden Säule der globalen Energiewende. Was vor wenigen Jahren noch als Zukunftsvision galt, nimmt inzwischen weltweit Gestalt an: Immer mehr Länder investieren in Produktionsanlagen, Exportinfrastruktur und Speichertechnologien. Der Fortschritt ist deutlich – und könnte in den kommenden Jahren entscheidend dazu beitragen, fossile Energien in Industrie, Verkehr und Stromversorgung zu ersetzen.

Weltweit wachsender Markt

Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) hat sich die Zahl der geplanten oder bereits im Bau befindlichen Projekte zur Erzeugung von grünem Wasserstoff seit 2020 mehr als verfünffacht. Insgesamt befinden sich über 1.400 Projekte in verschiedenen Entwicklungsstadien. Besonders aktiv sind dabei die Europäische Union, China, Australien, Chile und Namibia.

Die jährliche Produktionskapazität für grünen Wasserstoff – also Wasserstoff, der ausschließlich mit erneuerbarem Strom aus Wind oder Sonne hergestellt wird – könnte laut IEA bis 2030 auf über 50 Millionen Tonnen steigen. Das entspräche einer Vermeidung von rund 500 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr, wenn der Wasserstoff fossile Energieträger ersetzt.

 

Sinkende Kosten und steigende Effizienz

Ein zentraler Treiber dieser Entwicklung ist der rapide Preisverfall bei Elektrolyseuren, die zur Herstellung von Wasserstoff aus Wasser genutzt werden. Während die Kosten 2015 noch bei über 1.200 US-Dollar pro Kilowatt lagen, sind sie heute im Durchschnitt auf unter 500 US-Dollar gesunken. Parallel dazu steigt der Wirkungsgrad moderner Anlagen: Neue Modelle erreichen bereits Effizienzwerte von über 80 Prozent.

Auch die Produktionskosten für grünen Wasserstoff selbst sinken deutlich. In Regionen mit günstigem Zugang zu Solar- oder Windenergie, etwa in Nordafrika, dem Mittleren Osten oder Australien, liegen die Preise laut IRENA (International Renewable Energy Agency) inzwischen bei unter 2 US-Dollar pro Kilogramm – ein Niveau, das vor wenigen Jahren noch als kaum erreichbar galt.

 

Internationale Partnerschaften und Energieexporte

Zahlreiche Staaten setzen inzwischen auf strategische Partnerschaften, um den Aufbau einer globalen Wasserstoffwirtschaft zu fördern. Deutschland hat mit Ländern wie Namibia, Kanada und Australien langfristige Kooperationsabkommen geschlossen, um grünen Wasserstoff zu importieren und technisches Know-how zu teilen.

Auch in Chile entsteht derzeit eine der weltweit größten Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff im Süden des Landes, betrieben mit Windstrom aus Patagonien. Das Land plant, ab 2030 jährlich bis zu 5 Millionen Tonnen zu exportieren. In Saudi-Arabien wiederum soll im Rahmen des „Neom“-Projekts ein vollständig klimaneutrales Industriezentrum entstehen, das auf Wasserstofftechnologie basiert.

 

Anwendung in Industrie und Verkehr

Industrieunternehmen beginnen zunehmend, Wasserstoff in energieintensiven Prozessen einzusetzen – etwa in der Stahlproduktion, der Chemieindustrie oder bei der Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Besonders der grüne Stahl gilt als Symbol des industriellen Umbruchs. In Schweden, Deutschland und Japan laufen bereits kommerzielle Pilotanlagen, die kohlenstofffreien Stahl herstellen.

Im Verkehrssektor setzen mehrere Länder auf den Einsatz von Wasserstoffbrennstoffzellen, vor allem im Schwerlastverkehr, in Zügen und Schiffen. Während Elektroautos den urbanen Straßenverkehr dominieren, könnte Wasserstoff in Zukunft den Langstrecken- und Güterverkehr dekarbonisieren.

 

Herausforderungen bleiben

Trotz der Fortschritte bestehen weiterhin große Herausforderungen. Der Ausbau erneuerbarer Energien muss mit der steigenden Wasserstoffproduktion Schritt halten, um sicherzustellen, dass der Energieträger tatsächlich „grün“ bleibt. Zudem fehlen vielerorts noch Pipelines, Terminals und Standards für den internationalen Handel.

Experten betonen jedoch, dass der technologische Durchbruch bereits gelungen ist. Die entscheidende Frage sei nun, wie schnell Politik und Wirtschaft die Rahmenbedingungen schaffen, um den Hochlauf im industriellen Maßstab zu ermöglichen.

 

Conclusio

Grüner Wasserstoff ist längst mehr als ein Zukunftsprojekt – er wird zu einem zentralen Bestandteil der globalen Klimastrategie. Sinkende Kosten, technologische Reife und internationale Kooperationen deuten darauf hin, dass die Vision einer klimaneutralen Energiezukunft greifbar wird. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die Welt die Chance nutzt, diesen Wandel entschlossen zu gestalten.

 

Quellen und weiterführende Informationen

International Energy Agency (IEA) – Global Hydrogen Review 2025
https://www.iea.org/reports/global-hydrogen-review-2025
International Renewable Energy Agency (IRENA) – Green Hydrogen Trade Analysis 2025
https://www.irena.org/Publications/2025/Jun/Analysis-of-the-potential-for-green-hydrogen-and-related-commodities-trade
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) – Aufbau einer deutsch-namibischen Wasserstoff-Partnerschaft
https://www.bundeswirtschaftsministerium.de/Redaktion/DE/Wasserstoff/Internationale-Wasserstoffzusammenarbeit-Beispiele/wasserstoffzusammenarbeit-mit-namibia.html
IRENA – Global trade in green hydrogen derivatives: Trends in regulation, standardisation and certification (2024)
https://www.irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Publication/2024/Oct/IRENA_Green_hydrogen_derivatives_trade_2024.pdf